Bericht aus der Sicht des Vaters zu einer Hausgeburt

Kein Mensch will einen ewig langen Bericht lesen. Darum möchte ich hier in einem möglichst kurzen Statement und mit klaren Worten ohne um den heißen Brei herum zu reden meine Erfahrungen zur Hausgeburt kundtun.

Meine Frau und ich hatten bei unserem ersten Kind in der Klinik (Nürtingen) eine ewig lange Geburt.
Nachfolgend ein paar Details dazu:

Dauer: ca. 30 Stunden
Wehensturm (d.h. die Frau hat keine Wehenpause)
Medikamentengabe: Wehenhemmer und dann wieder Wehentropf.
Schmerzmittel ohne Ende und dann eine PDA -> also einen Zugang ins Rückenmark zur Betäubung.

Keinerlei, also wirklich keinerlei persönliche Unterstützung. Weder seitens der Hebamme(n), welche pro Schicht max. 2x da waren, noch seitens der Ärzte, welche insgesamt nur 2x da waren.
-> Nochmal wir reden hier von einer 30h Geburt. D.h. wir haben 3 Schichten an Hebammen durchgemacht. Keine wusste, was bereits gemacht wurde und wie der aktuelle Stand war. Meine Frau war gefrustet und hat nur gelitten.
Am Ende: Kaiserschnitt im OP.
Zusammengefasst: Scheiße! Frau enttäuscht und 5 Tage im Krankenhaus ans Bett gefesselt, da der Kaiserschnitt ein Megaeingriff ist.

Aufgrund dieser extrem schlechten Erfahrung waren wir uns bei unserem Nachwuchs Nummer 2 sicher, dass es dieses Mal anders laufen soll.

Nach einigen Überlegungen (andere Klinik, Geburtshaus oder Hausgeburt) haben wir uns für letzteres entschieden.

Details?
Bitte sehr:
Ja, das kostet Geld und wird von der Krankenkasse nur teilweise übernommen.
Ja, es ist ein Risiko für den unwahrscheinlichen Fall, dass etwas schief geht. Ist bereits vorher klar, dass das Kind z.B. nicht mit dem Kopf nach unten liegt oder sonst irgendwelche Risiken bekannt sind, ist eine Hausgeburt auch nicht möglich.

Unsere Hebamme Saskia De Koning hat uns von 3 Wochen vor- bis 2 Wochen nach Geburtstermin eine Rufbereitschaft angeboten. Diese haben wir angenommen und sind darüber sehr glücklich.

Warum?
1. Wir hatten zu jeder Zeit (also wirklich 24/7) die Möglichkeit uns bei Saskia zu melden.
2. Wenn Saskia in einem Gebiet ohne Empfang war, hat sie sich vorher gemeldet und z.B. die Festnetznummer des Aufenthaltsortes durchgegeben.
3. Als die Geburt losging, war Saskia innerhalb einer Stunde da.
4. Zusätzlich wurde durch sie eine weitere Hebamme (ich kenne nur ihren Vornamen: Silke aus Eglingen) angefordert, die extrem nett, einfühlsam und nützlich war.
5. Ich musste nirgendwo hinfahren, keine Koffer schleppen und meine vor Wehenschmerz malträtierte Frau nicht ins Auto bugsieren.
6. Wir bzw. meine Frau hatten nicht nur eine eins zu eins Betreuung sondern durch die beiden Hebammen sogar eine zwei zu eins Betreuung.
7. Ich konnte mich jederzeit aus- und wieder einklinken. Es waren ja zwei Profis vor Ort.
8. Die Herztöne des Babys wurden quasi nach jeder Wehe gecheckt und entsprechende Anweisungen (anders hinlegen, aufstehen, knien, hocken, …) gegeben.
9. Als es dann Richtung Ende ging, wurde ich von den Hebammen perfekt eingebunden und war in der ersten Reihe.
10. Meine Frau sagte noch während des Geburtsvorgangs unter Schmerzen: Danke, das ist genau das, was ich brauche.
11. In dem Moment als das Kind kam, hatte meine Frau (ich natürlich auch) einen absoluten Glücksmoment der ihr Spontan ein „Oh man, ist das schön!“ entlockte.
12. Die Risse und Verletzungen wurden vor Ort nach örtlicher Betäubung professionell genäht.
13. Ca. 2h Nach Geburt war meine Frau in der Lage wieder aufzustehen sich selbstständig zu bewegen

Fazit:
Traut euch! Jedes Viech (klar sind unsere Frauen keine Viecher dennoch) bekommt das in der freien Natur auch hin. Und zwar ohne jegliche Hilfe. Mit einer professionellen Anleitung ist man auf der sicheren Seite und einfach daheim. Nicht im Krankenhaus. Eine „normale“ Geburt ist auch nach einer Kaiserschnittgeburt kein Problem.

Als Mann steht man ja immer irgendwie daneben und weiß nicht so recht was man tun soll oder wie man helfen kann. Das war hier überhaupt nicht der Fall.
Es war ein durchweg positives Erlebnis und ich danke beiden Hebammen für ihren professionellen Einsatz.

09.05.2023
Ruben Schmitt, Engstingen