„Ein Papa erzählt - unser 4. Kind, unsere erste Hausgeburt - meine Sicht auf ein ganz besonderes gemeinsames Erlebnis"


Während meine Frau schon bei den Schwangerschaften unserer ersten drei Kinder mit dem Gedanken an eine Hausgeburt liebäugelte, war ich stets sehr skeptisch. Warum? Das ich kann gar nicht genau erklären. Beim ersten und zweiten Kind haben wir uns für eine ambulante Entbindung entschieden. Was uns einmal sehr gut und einmal etwas weniger gut in Erinnerung blieb. Beim dritten Kind wählten wir dann den Weg eines stationären Aufenthalts, weil wir glaubten, das würde uns ein ruhigeres und entspannteres Einfinden in die neue Familiensituation ermöglichen. Schließlich könne die Mama sich dann ganz auf das neue Baby konzentrieren und die zwei Großen hätten die Möglichkeit, sich langsam an das neue Geschwisterkind zu gewöhnen. Wir hatten uns gewaltig getäuscht. Zwar war das Personal in der Klinik sehr freundlich und alles rund um die Geburt lief unproblematisch und professionell ab, allerdings war unsere Familie irgendwie auseinandergerissen. Die stets nur kurzen Besuche in einer – vor allem für die Geschwisterkinder – fremden Umgebung fühlten sich unnatürlich an.

Davon abgesehen konnte sich auch meine Frau gar nicht so gut und ruhig auf das neue Baby konzentrieren, wie wir das ursprünglich angenommen hatten. Auf der Station war viel los und einige der anderen Mamas – überwiegend Erstgebärende – waren teilweise nervös, unsicher und mitunter sogar etwas überfordert, weshalb meine Frau zunehmend die Rolle eine Kummerkastens einnehmen musste.
Bestärkt durch diese Erfahrung sollte es beim vierten Kind dann eine Hausgeburt sein. Meine Skepsis hatte sich zwar noch nicht vollständig gelegt, aber ich hatte ja bereits drei Geburten aus nächster Nähe erlebt, fühlte mich also erfahren genug und freute mich darauf, dieses Wunder der Geburt noch einmal auf eine neue Art erleben zu dürfen. Meine Frau hatte ohnehin keine Zweifel.

Es war allerdings gar nicht einfach, eine Hausgeburtshebamme zu finden. Zum Glück haben wir von einer befreundeten Klinikhebamme einen sehr guten Tipp bekommen. Die Vorgespräche mit unserer Hebamme Saskia bekräftigten uns in unserer Entscheidung. Lediglich mit dem Gedanken, dass sie eine Anfahrtszeit von 45 Minuten hat, mussten wir uns noch kurz anfreunden. Wir fühlten uns sehr gut beraten und waren von der Professionalität vollkommen überzeugt. Mir persönlich hat auch die ausführliche Aufklärung über mögliche Situationen während einer Hausgeburt, die zu einer Verlegung in die Klinik führen würden, geholfen, meine letzten Bedenken abzuschütteln.
Dann war es so weit, unser viertes Kind kündigte sich an. Allerdings ließ es sich auf seinem Weg mehr Zeit als seine großen Geschwister. Saskia war informiert, dass sich zwar etwas tue, sie jedoch noch nicht gebraucht werde. Dennoch blieb sie vorsichtshalber Zuhause und wartete auf neue Informationen. Zwischenzeitlich waren die Wehen wieder abgeflacht und meine Frau schlief einige Stunden. Dafür ging es dann am nächsten Morgen umso schneller. Die großen Kinder waren alle im Kindergarten oder in der Schule.

Aufgrund der Erfahrungen des Vortags zögerten wir zunächst mit dem Anruf. Bald darauf waren wir uns aber sicher, dass es jetzt nicht mehr lange dauern kann. Während bei meiner Frau starke Wehen in kurzen Abständen einsetzten, rief ich Saskia an, die sich sofort auf den Weg machte. Während der Fahrt rief sie uns an, wobei ich ihr mitteilen konnte, dass es sich vermutlich nur noch um Minuten handelt. Sie meinte sie bleibt jetzt über den Lautsprecher bei uns – allerdings machte ein Funkloch einen Strich durch die Rechnung. Ich hoffte, dass sie es noch rechtzeitig schaffen würde. Es musste nun jeden Moment so weit sein. Saskia kam tatsächlich noch rechtzeitig zur Tür herein und machte sich sofort daran alles Notwendige vorzubereiten. Ich war froh, dass sie da war, aber dachte auch, jetzt sind meine Frau und ich den Weg so lange zu zweit gegangen, jetzt wäre es auch schön, das die Geburt noch gemeinsam zu meistern. Ich blieb also direkt bei meiner Frau und war bereit, das Kind entgegenzunehmen. Saskia spürte das vermutlich und ließ uns gewähren. Während Saskia etwas aus Ihrer Tasche holte, zeigte sich der Kopf unseres Babys. Ich hielt ihn mit meiner Hand. Meine Frau setzte alle Kraft in eine weitere Wehe und unsere Leni flutschte direkt in meine Hände.
Das war wohl das intensivste und besonderste gemeinsame Erlebnis unseres Lebens.

Wir haben die Geburt tatsächlich selbst gemeistert und trotzdem war jemand da und gab uns Sicherheit.
Saskia kümmerte sich im Anschluss um alles Weitere und wir konnten unser Kind in aller Ruhe begrüßen. Nach ca. eineinhalb Stunden holte ich die anderen Kinder von Kindergarten und Schule ab und mit unbändiger Vorfreude und voller Neugier traten sie über die Türschwelle und konnten ihre kleine Schwester in vertrauter Umgebung kennenlernen.

Die nächsten Tage waren sehr harmonisch und von einem unerschütterlich starkem Familiengefühl geprägt.